Der Ostseeküsten-Radweg ist einer der beliebtesten Radfernwege in Deutschland. Dafür gibt es mehrere sehr gute Gründe. Erstens machen auf diesem Radweg die Pausen besonders viel Freude. Auf den 438 Kilometern, die der Ostseeküsten-Radweg in Schleswig-Holstein von Flensburg nach Lübeck führt, reihen sich Fischbrötchen-Bude und Hofcafé, Strandbistro und Gourmetrestaurant, Eis-Kiosk und Cocktailbar aneinander. Zweitens, und das ist mindestens genauso wichtig, sorgt auch das Radeln direkt am Meer selbst für eine Extraportion Entspannung: Beim Blick aufs Wasser rückt der Alltag in weite Ferne. Die sattgrünen Felder und Wiesen, die kleinen Fischerdörfer und pulsierenden Städte sorgen drittens für jede Menge Abwechslung entlang der Strecke – egal, ob man nun im Frühling, Sommer oder Herbst unterwegs ist. Und last but not least ist der Ostseeküsten-Radweg auch für Radurlaub-Anfängerinnen und -Anfänger geeignet.
Ostseeküsten-Radweg: Urlaub für Körper, Geist und Seele
In Kupfermühle bei Flensburg, hoch oben an der deutsch-dänischen Grenze, geht es los, und gleich auf den ersten Kilometern gibt es viel zu sehen. Die historische Hafenstadt Flensburg ist mit ihren Altstadt-Gässchen, dem Rum-Museum und der Traditionsbrauerei schon für sich genommen eine Reise wert. An der Küstenlinie entlang führt der Weg dann zum ersten Natur-Highlight der Strecke, die wilde Geltinger Birk. Das fast 100 Jahre alte, von Dünen, Sümpfen und Laubwäldern geprägte Naturschutzgebiet ist Heimat von über 200 Vogelarten, Hochlandrindern und sogar Wildpferden. Ein einsames Paradies, das zum Bleiben einlädt. Und auch die nächste Etappe hält Perlen bereit: das zauberhafte Städtchen Kappeln an der Mündung der Schlei und die ländlich-lieblich anmutende Region Schwansen.
Der nächste Haltepunkt ist die alte Sprottenstadt Eckernförde, wo heutzutage mehr gesegelt als gefischt wird. In der urigen, kleinen Innenstadt findet sich auch ein Fahrradladen mit Fahrradwerkstatt – für den Fall, dass die ersten Wartungen und eine Pflege der Zweiräder nötig werden. Weiter geht’s in Richtung Landeshauptstadt Kiel. Der Ostseeküsten-Radweg leitet die Radelnden von Norden kommend an der ganzen schönen Kieler Förde entlang bis ins Zentrum: Leuchttürme, Segelschiffe, die kleinen Fördedampfer, die an- und ablegenden Fähren nach Skandinavien sowie Kreuzfahrer – auf dem Wasser ist stets Betrieb. Am Hauptbahnhof umrundet man die Förde, und schon bald wird man auf ihrer östlichen Seite vom Marine-Ehrenmal, dem hoch aufragenden Wahrzeichen der Stadt, begrüßt. Das kuschelige kleine Örtchen Laboe hält alle Vorzüge bereit, die ein Urlaub am Meer zu bieten hat.
Durch die Probstei, die so grün ist, dass einem immer das Auenland vom „Kleinen Hobbit“ in den Sinn kommt, führt der Radweg an den Stränden der Kieler Außenförde mit den schönen Namen Kalifornien und Brasilien vorbei. Nach rund 20 Kilometern ist das nächste Etappenziel Behrensdorf erreicht. Hier laden ein idyllischer Strand, grasbewachsene Dünen und ein weiter Himmel zum Verweilen ein.
Erfrischt und gestärkt ist man dann gut gerüstet für den nächsten Abschnitt des Ostseeküsten-Radwegs. Das Ziel heißt Großenbrode, der letzte Ort vor der Fehmarnsundbrücke. Nur einen Steinwurf von Behrensdorf entfernt liegt die Hohwachter Bucht, die in ihrer romantischen Schönheit und Ruhe zum Verweilen einlädt. Kurzer Zwischenstopp auf der Seebrücke in Hohwacht, die einen windigen Rundumblick aufs Wasser, die Strandlinie und einige unerschrockene Wassersportlerinnen und -sportler bietet. Über Sehlendorfer Strand geht es nun nach Weissenhaus, am Weissenhäuser Strand entlang, dann landeinwärts Richtung Oldenburg in Holstein. Die rote Backsteinkirche St. Johannis, erbaut im 12. Jahrhundert, und das Wallmuseum, das von der Stadt im frühen Mittelalter erzählt, sind erste Anlaufpunkte nicht nur für Fans von Kirchen- und Kulturgeschichte des Landes. Durchquert man danach die grüne Halbinsel Wagrien in Richtung Heiligenhafen, wird man mit einer fantastischen Ostsee-Aussicht von der rauen, idyllischen Steilküste belohnt. Über den Sundweg ist es nun nur noch ein Katzensprung bis Großenbrode, das mit einem feinen Sandstrand, einer neuen Promenade und tollen Spielplätzen aufwarten kann.
In Großenbrode kann man sich entscheiden: Der Ostseeküsten-Radweg führt einmal um die Sonneninsel Fehmarn herum – damit gönnt man sich sozusagen einmal „Ostsee at its best“ – oder man kürzt ab und radelt direkt in südlicher Richtung weiter entlang der Lübecker Bucht. In guten eineinhalb Stunden erreicht man das Ostseebad Dahme, wo einen schon diese typische Ostsee-Atmosphäre streift, dieses ruhige, doch geschäftige Treiben, untermalt vom Rauschen der See und dem Schreien der Möwen. Auch in Kellenhusen und Grömitz, dann in Pelzerhaken bei Neustadt in Holstein ist diese ganz besondere Eleganz der alten Seebäder zu spüren – und wer zum Abschluss des Tages einen Sprung ins kühle Nass wagt, ist hier bestens aufgehoben.
Die letzte Etappe des Radwegs fühlt sich an wie ein Zieleinlauf: Sierksdorf, Haffkrug, Scharbeutz, Timmendorfer Strand, Niendorf. Alle entzückenden Ortschaften an dieser Küstenlinie stehen für Urlaubsfeeling pur, für maritimes Flair und für ein Getränk mit Blick auf den Sonnenuntergang in urgemütlicher Atmosphäre. In Travemünde grüßen schon die Fähren nach Schweden und Finnland. Das Ende der Rad-Reise naht, es wird ganz sicher nicht die letzte gewesen sein.
TIPPS
Die einzelnen Tages-Etappen lassen sich anhand der GPS-Daten im Detail planen.
Empfehlenswert ist es, Übernachtungen vorab zu buchen.
Tipps für den ersten Urlaub mit dem Fahrrad sind hier aufgelistet.
Von Caroline Beer
Für Caroline Beer ist Schleswig-Holstein seit über 20 Jahren Wahlheimat, Inspiration und Ruhepol zugleich. Auf ihren Touren lässt sie sich von der heimischen Flora und Fauna, von Geschichte und Geschichten begeistern und freut sich immer wieder neu über Land und Leute.