Ich möchte euch mitnehmen auf eine Reise ins Wattenmeer Schleswig-Holstein. An einen kleinen Fleck Land mitten in der brausenden Nordsee. Wo ich meinen Kopf ausschalten und meine Seele baumeln lassen kann.
Die Halligen - Schwimmende Träume
Wir starten am Fährhafen von Schlüttsiel. Am besten lasst ihr euer Auto einfach auf dem Parkplatz stehen, denn dort, wo wir hinfahren, braucht ihr es nicht. Sobald ihr den Deich am Parkplatz überwunden habt, empfängt euch die unendliche Weite der Nordsee, ihr salziger Geschmack, der ständige Wind und die schreienden Möwen. Das ist Schleswig-Holstein-Urlaub!
Allzu lange können wir diesen Anblick aber nicht genießen, denn die Fähre „MS Hilligenlei“ fährt auch in der Hauptsaison nur zwei Mal am Tag. Unterwegs können wir von Bord einen Blick auf die Halligen Gröde, Langeneß, Nordstrandischmoor, Oland, Habel, Hamburger Hallig, Noderoog, Süderoog und Südfall erhaschen, von denen sieben dauerhaft bewohnt sind. Bei diesem Anblick bekommt ihr schon eine erste Vorstellung davon, warum der Dichter Theodor Storm die Halligen einst “Schwimmende Träume” genannt hat.
Hallig Hooge - die „Königin der Halligen“
Wir aber fahren weiter zur Hallig Hooge. Sie ist die zweitgrößte unter den Halligen. Und für mich ist sie der Ort in der Nordsee, der mich in seinen Bann gezogen hat. Hier ist mein Herz verankert. Übrigens: Passt ja auf, dass ihr nicht in der Gegenwart eines Halliglüüd (Halligbewohner) diese kleinen Marschinseln als Insel bezeichnet. Denn dann kann es schnell passieren, dass man die nächste Runde ausgeben muss. Der Unterschied zwischen einer Insel und einer Hallig ist, dass die Halligen kaum oder gar nicht vor der Nordsee geschützt sind und deshalb im Herbst regelmäßig überspült werden. Damit aber die Halliglüüd keine nassen Füße bekommen, stehen ihre Häuser auf sogenannten Warften, künstlich aufgeschütteten Sandhügeln.
Ich nehme euch heute mit in den Westen der Hallig, auf die Volkertswarft. Dort verbringe ich gerne meinen Urlaub in einem kleinen roten Holzhaus namens „Dat Ferienhus“. Bis zu vier Personen finden in diesem Kleinod Platz. Das absolute Highlight ist, dass ihr aus jedem Fenster das Meer sehen und über die Hallig blicken könnt. Diese Unterkunft und zwei Ferienwohnungen im Ferienhaus „Fir Frune“ (für Freunde) werden betrieben von der herzlichen Familie Boyens. Swantje und Leif wohnen mit ihren Kindern dauerhaft auf der Volkertswarft. Hier betreiben sie neben dem Ferienhaus in dritter Generation auch eine Gruppenunterkunft, die den passenden Namen „Herberge im Meer“ trägt. Denn wie überall auf Hooge ist die Nordsee stets präsent – ihr Duft und Klang in jedem Winkel. Des Öfteren schafft sie es, beim sogenannten Landunter, bis an den Fuß der Warft. Das heißt, dass die Nordsee den 1,5 Meter hohen Sommerdeich überwindet und die Hallig bis auf die Warften überspült. Und wenn solch eine Sturmflut, an der Küste „Blanker Hans“ genannt, über die Hallig fegt, kann die Nordsee auch schon mal an die Haustür klopfen. Aber das passiert erst ab Herbst in der Zeit der Stürme. Diese spektakulären Naturereignisse sowie den Alltag auf der Hallig hat Swantje in drei Filmen festgehalten, die ihr im Sturmflut Kino der Hallig Galerie ansehen, euch nach Hause bestellen oder direkt herunterladen könnt.
Hier solltet ihr vorbeischauen!
Die Hallig Galerie ist auf der Hanswarft in einem der ältesten Gebäude auf Hooge beherbergt. An ihrer Hauswand stapeln sich hunderte von Schuhen. Werner Boyens, der Vater von Leif, ist auch gebürtiger Hooger und sammelt seit knapp 20 Jahren diese angeschwemmten Schuhe. Die Strandgut-Schuhe sind ein beliebtes Fotomotiv, denn jeder Schuh hat seine eigene Geschichte. Neben den Schuhen sammelt er auch Strandholz, das er mit Motiven bemalt, die für Halligen typisch sind. Diese Unikate und weitere regionale Produkte, die von kleinen Unternehmen oder Einzelpersonen hergestellt werden, gibt es in der Galerie – ein Stück Hallig für „to Huus“. Seit einem Jahr darf ich dort meinen Blick und die Begeisterung für Hooge, die ich in meinen Fotos festhalte, mit den Besuchern teilen. Aber ihr müsst nicht auf Hooge sein, um die Hallig Galerie besuchen zu können. In den Online Shop ziehen stetig neue Produkte ein. Auf der Hanswarft, der größten Warft auf Hooge, findet ihr auch einen Supermarkt, eine Krankenpflegestation, ein Café, einen Souvenirshop und vieles mehr. Auf jeden Fall solltet ihr dort der Schutzstation Wattenmeer einen Besuch abstatten. In den Ausstellungsräumen könnt ihr in die faszinierende Welt des Weltnaturerbe Wattenmeer eintauchen. Die jungen Leute, die dort im Rahmen eines ökologischen Jahres oder Bundesfreiwilligen Dienstes arbeiten, stehen für Fragen jederzeit gerne bereit. Außerdem bieten sie Wattwanderungen, Führungen und Vorträge an. Weitere Veranstaltungstipps und nützliche Infos für euren Urlaub auf Hallig Hooge findet ihr übrigens im Hooger Buddelbreef. Eine Wattwanderung zur Sandbank „Japsand“ gehört unbedingt zu einem Besuch. Ein geheimnisvoller und faszinierender Ort, an dem ihr mit etwas Glück auch Seehunde treffen könnt. Ihr solltet aber das Watt auf Hooge nie ohne einen erfahrenen Wattführer erkunden. Nicht nur, dass man die Tide (Gezeiten) schnell unterschätzt, man kann auch sehr leicht einsacken und dann kommt man alleine ganz gewiss nicht wieder raus. Nach solch einer Wanderung ist eine kleine Stärkung im Café Zum blauen Pesel auf der Backenswarft genau das Richtige. Dort backt Karen Tiemann ihre Kekse, Torten und Kuchen teilweise noch nach alten Hooger Familienrezepten.
Seele auftanken zu jeder Jahreszeit
Danach lauft ihr die Torte bei einer Halligrunde einfach wieder ab. Einmal um die Hallig auf dem Sommerdeich dauert circa drei Stunden. Dabei kommt ihr auch an der Nachbarwarft, der Kirchwarft vorbei. Die Hooger Kirche und der Friedhof haben schon einige Sturmfluten erlebt. Viele Gegenstände erinnern an die sturmflutreiche Geschichte der Halligen. Wenn ihr aus der Kirche hinaustretet, seht ihr im Westen schon die Masten der Schiffe im Seglerhafen. Begebt ihr euch von hier wieder zurück auf den Sommerdeich, umhüllt euch eine einzigartige Geräuschkulisse. Im Winter geprägt von einer ungewohnten vollkommenen, aber befreienden Stille nur unterbrochen durch das rhythmische Schlagen der Wellen gegen den Sommerdeich oder einer steifen Brise. Von Frühjahr bis Herbst weidet das Pensionsvieh auf den Fennen, überall blüht und summt es. Die Luft ist erfüllt von hunderten von Vogelstimmen, die die Hallig als Nist- oder Rastplatz nutzen. Trotzdem strahlt sie eine Ruhe aus und die Seele kann so richtig auftanken. Außerdem bekommt man auf dem Weg um die Hallig eine beeindrucke Natur geboten. Der Halligflieder blüht besonders im Westen der Hallig. Zu jeder Jahreszeit bietet Hooge beeindruckende, manchmal magische Naturschauspiele, die ich so nur hier erlebt habe. Die Sonnenauf- und -untergänge, das Wetter, die Tierwelt, die Tiden der Nordsee - alles ist hier besonders. Hooge ist ein Gefühl. Mein Kleinod mitten in der Nordsee, das mein Herz im Tiden-Takt schlagen lässt und für immer in seinen Bann gezogen hat. Der Ort, an dem meine Gedanken mit dem ständigen Wind vortragen werden, über die Salzwiesen in die Nordsee, in die unendliche Weite. Nicht zu Unrecht sagen manche Stimmen: “Hooge meine Droge!“ Die Sehnsucht nach Meer und Freiheit findet hier sein Ende.
Von Lena Stoppel
Als Hobbyfotografin nimmt Lena ihre Follower auf Instagram auf dem Account „Lenaelisabeth.photography“ mit durch ihre vielfältige und magische Heimat, den Norden Deutschlands.