Glücksgefühle kennen keine Jahreszeit

Bei jedem Schritt durch das winterlich-stille Wattenmeer machen meine gefütterten Gummistiefel ein Quak-Geräusch. Die kalte Luft prickelt an den Wangen und an der Nasenspitze. Die Sonne scheint mir hell und klar ins Gesicht.

Zwei Menschen spazieren über einen weiten und menschenleeren Strand
© CC0

Für den Wintertag am Nordseestrand bin ich gut ausgerüstet: Mütze, Schal und Handschuhe, eine winddichte Winterjacke drüber, eine Fleecejacke drunter, Thermohosen und die „lange Elli“ sind Pflicht – egal, wie es um ihr Image steht ... Eingepackt wie ein Michelin-Männchen, stehe ich also am menschenleeren Strand und sehe nach links und nach rechts und hinaus aufs Meer, das fast genauso aussieht wie im Sommer. Ein weiter Horizont erweitert Horizonte, denke ich, und freue mich über das Wortspiel. Mein eigener Horizont brauchte diese Pause vom Trubel, brauchte einen „Reset“ wie es in der Sprache der Digitalisierung heißt, eine Wiederherstellung des Ausgangszustandes. Das Meer und der unverstellte Blick ordnen meine Gedanken, die schnell zur Ruhe kommen.

In der Ferne nehme ich lächelnd eine Familie wahr, deren zotteliger Hund vor Freude hüpft, hin und her rast und bellend über den Strand tobt. Das euphorische Gefühl des Vierbeiners kann ich teilen: Hier ist Platz, hier ist Ruhe, hier ist Freiheit. Licht und Luft laden zu einem langen Spaziergang ein. Tief durchatmen ist angesagt. Noch einsamer und stiller ist es nur auf den Halligen, die in den Wintermonaten regelmäßig „Land unter“ melden. Dann überspült das Meer die Wiesen und nur noch die Warften schauen aus dem Wasser. 

Ein Seehund liegt am Strand
© CC0

Am Strand gibt es zwei Richtungen. Ich suche mir eine aus und laufe und laufe und laufe. Begleitet werde ich von ein paar Lach- und Silbermöwen, die mich neugierig beobachten. Eine Brutkolonie von Gänsen, deren Rufe zu mir herüberschallt, kündigt schon das Ende des Winters an. Und dann habe ich Glück! Das Highlight der nordfriesischen Winterwelt liegt hinter der nächsten Biegung im Sand: Junge Kegelrobben in ihrem flauschigen weißen Winterkleid.

Ein blassrosa Streifen am Himmel zeigt nun schon den nahenden Sonnenuntergang an. Das ist die beste Zeit für eine Tasse Tee, am besten mit Kluntjes, dem weißen Kandiszucker, der in der Tasse beim Umrühren klimpert. Hinter der nächsten Düne biege ich ab, schaue noch einmal zurück auf die winterliche See und freue mich über meinen Entschluss, im Winter herzukommen. Das Café liegt gleich um die Ecke. Ein Platz am Fenster ist noch frei.  

Meine TOP-3-Tipps für eine Winterauszeit an der Nordsee:

  1. Auf einer Wattwanderung im Weltnaturerbe Wattenmeer mit Amrums einzig staatlich geprüftem Wattführer Dark Blome die einzigartige Natur der Insel erleben.
  2. Sterne gucken auf der ersten offiziellen Sterneninsel Schleswig-Holsteins, in der tiefen Dunkelheit von Pellworm, in der man die Hand nicht mehr vor Augen sieht.
  3. Die Initiative FÖHRgreen hat es sich zum Ziel gesetzt, die Inselumwelt und Natur zu schützen, die regionale Wirtschaftskraft zu stärken und Arbeitsplätze zu erhalten.

Von Caroline Beer

Für Caroline Beer ist Schleswig-Holstein seit über 20 Jahren Wahlheimat, Inspiration und Ruhepol zugleich. Auf ihren Touren lässt sie sich von der heimischen Flora und Fauna, von Geschichte und Geschichten begeistern und freut sich immer wieder neu  über Land und Leute.