Drei Tage auf dem Radfernweg Alte Salzstraße

Heute Morgen fiel mein Blick auf Nachbars Vorgarten. Stiefmütterchen, Buschwindröschen und Gänseblümchen – diese Namen sind gerade süß genug, um zu beschreiben, was in mir vorgeht: Frühlingsgefühle! Und das ist die perfekte Stimmungslage für das vor mir liegende verlängerte Wochenende. Ich mache mich nämlich auf, um „Hamburgs Vorgarten“ zu erkunden. Das Herzogtum Lauenburg wartet auf mich, genauer gesagt der Radfernweg Alte Salzstraße. Die Kette ist geschmiert und die Satteltaschen sind gepackt. Auf geht’s.

Zwei Personen stehen vor einer Infotafel zur Alten Salzstraße.
© sh-tourismus.de/MOCANOX

Gerade im Frühling muss das Herzogtum aus der Vogelperspektive aussehen wie ein Osterkörbchen mit funkelnden Fabergé-Eiern. In seinen dichten Wäldern verstecken sich unzählige Seen. Und wie heißt es bei Eduard Mörike so schön: Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. An diesem Wochenende flattern meine Locken im Fahrtwind, und der Elbe-Lübeck-Kanal ist mein blaues Band und Wegweiser. Denn an seinem Ufer entlang führt ein Großteil der berühmten Alten Salzstraße.

Weißes Gold und andere schmucke Highlights

Auf dem Handelsweg zwischen Lauenburg und Lübeck wurden im Mittelalter mit Karren und Pferdewagen auf sandigen Pfaden oder mithilfe von Flussschiffen Waren transportiert. Zu den wichtigsten zählte das Gewürz und Konservierungsmittel Salz, das der historischen Route ihren klangvollen Namen verleiht: Alte Salzstraße. Jenem weißen Gold verdankten die Städte Ruhm und Reichtum. Ich verdanke ihm eine ca. 113 Kilometer lange wunderschöne Radstrecke und drei Tage Aktivurlaub im Postkartenidyll. Aus der Niederung der Elbe heraus wird mich mein Weg über die entspannten Hügel der Lauenburgischen Seenlandschaft bis an die Ostsee führen – abseits des Straßenverkehrs, dafür immer in Wassernähe. Jede Stadt und jedes Städtchen, das auf meiner Route liegt, lockt mit historischen Wahrzeichen und Kultur. Es sind aber gerade auch die weniger prominenten Highlights am Wegesrand, die den Charme dieser Fahrradtour so unverwechselbar machen. Malerische norddeutsche Dörfer, prachtvolle Herrenhäuser und pittoreske Kirchen, schattige Alleen, plätschernde Uferpromenaden und Butterkuchen mit Schlagsahne, all das gehört zum Radfernweg Alte Salzstraße.

Luftaufnahme der Stadt Lauenburg an der Elbe. Zu sehen sind rote Ziegeldächer, enge Gassen und eine markante Kirche mit hohem Turm am Ufer. Der breite Fluss Elbe verläuft rechts im Bild, umgeben von grüner Landschaft unter blauem Himmel mit weißen Wolken.
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Etappe 1: von der Salzstadt zur Fachwerkstadt

Mein sorgfältig bepackter Drahtesel und ich reisen mit dem Zug ins niedersächsische Lüneburg. Hier, in der 1.000 Jahre alten ehemaligen Salinenstadt, beginnt unsere erste Tagestour. 23 Kilometer habe ich mir für heute vorgenommen. Ich radle gemütlich am Elbe-Seiten-Kanal entlang und lege beim beeindruckenden Schiffshebewerk in Scharnebeck ein erstes Päuschen ein. Schneller als erwartet zeichnet sich die Skyline von Lauenburg am Horizont ab. Die malerische Altstadt kuschelt sich an den grünen Elbhang. Bevor ich in meinem heutigen Nachtquartier einchecke, bleibt noch genug Zeit, sich im Elbschifffahrtsmuseum intensiv mit der eindrucksvollen Historie der Stadt vertraut zu machen. 

Luftaufnahme der Stadt Mölln in Schleswig-Holstein, umgeben von mehreren Seen und viel Grün. In der Altstadt dominieren rote Ziegeldächer, mittig ragt die St.-Nicolai-Kirche hervor.
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Etappe 2: von der Schifferstadt zur Eulenspiegelstadt

Nach dem gemächlichen Einstieg gestern habe ich mir für den zweiten Teil meiner Radwanderung 36 Kilometer vorgenommen. Wegweiser ist ab jetzt der Elbe-Lübeck-Kanal mit seinen sieben Kanalschleusen. Der Wind meint es gut mit mir (von hinten), als ich meinen Weg Richtung Mölln fortsetze. So komme ich pünktlich zu meinem Rendezvous mit Till Eulenspiegel. Nach einer unterhaltsamen Stadtführung aus Perspektive des berühmten Narren, freue ich mich darauf, in meiner Bett+Bike-Unterkunft ein wenig die Beine hochzulegen. 

Zwei Radfahrende mit Helmen und Gepäcktaschen fahren auf einem Weg durch eine grüne Landschaft mit Schilf und Bäumen. Im Hintergrund eine moderne Bogenbrücke und ein Kirchturm.
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Etappe 3: zur Hansestadt

Mit circa  50 Kilometern wartet heute der längste Streckenabschnitt auf mich. Gleich frühmorgens mache ich mich auf den Weg. Grobe Richtung: Ostseeküste. Kurze Stopps an den Dorfkirchen in Berkenthin und Krummesse sind fest eingeplant. Nach einem leckeren Stück Kuchen bei strahlendem Sonnenschein wird es nun Zeit für mich, Lübeck anzusteuern. Es dämmert schon, als ich mein Fahrrad durchs berühmte Holstentor schiebe. Ich hatte mich auf diesen Moment gefreut, bin aber auch ein bisschen traurig, dass meine Fahrradreise sich ihrem Ende nähert. Meine Unterkunft liegt direkt am Museumshafen, und ich wünsche mir leises Mast-Klimpern als Wecker morgen früh.

Eine Hand hält eine Gebäck-Schnecke fest. Im Hintergrund befindet sich das Holstentor Lübeck mit der Altstadt.
© Textkombüse

Mein ideales Schneckentempo

Krönender oder sagen wir lieber kringeliger Abschluss meiner Tour ist ein Besuch im Schneckenhaus (wärmste Empfehlung einer Freundin mit Lübecker Wurzeln). In dem Café direkt an der Tourist-Information am Holstentor gibt es ein Dutzend verschiedene hausgemachte Hefeschnecken. Satt und glücklich gebe ich meinem treuen Drahtesel einen freundschaftlichen Klaps auf den Sattel, als der Zug aus dem Lübecker Bahnhof losfährt. Wer mag, verlängert die Radtour bis zur Ostseeküste und lässt die Reise in Lübeck-Travemünde mit Meeresbrise und Küstenblick ausklingen.

Tipps und Links

Porträt von Tina Ott

Von Tina Ott

Dem Geburtsort im Ausweis zufolge mag sie zwar eine Karlsruher Suppennudel sein. Aber Tina ist seit Jahrzehnten mit Leib, Seele und Vokabular eingenordet: zu Hause in Kiel, glücklich bei Meerblick und gleichermaßen vernarrt in die norddeutsche Landschaft wie in den trockenen Humor der Menschen, die zwischen den Meeren leben und lachen.