Das Herzogtum Lauenburg spiegelt im übertragenen, aber auch im wörtlichen Sinne den Himmel wider. Denn überall zwischen seinen dichten Wäldern, den in der letzten Eiszeit entstandenen Hügeln und schmucken Städtchen verstecken sich Gewässer – mal still und mal in Bewegung, mal schnurgerade, mal verästelt und mal so weit das Auge reicht. Auf der Haut die Wärme der Sonne, in der Nase den Duft von Erdbeeren mit Vanilleeis, im Ohr das Konzert von Hummeln, Kinderlachen und kleinen Wellen, die am Seeufer knabbern: Da stellt sich unweigerlich das Bedürfnis nach Wassernähe ein. Sind wir hier somit goldrichtig für einen perfekten Sommertag? Nicht ganz … denn wir beschließen sofort nach Ankunft, gleich ein bisschen länger zu bleiben!

Seen, Flüsse, Kanäle: Herzogtum Lauenburg ist ganz in „unserem“ Element

Alles fließt
Zu Fuß oder mit dem Rad, mit Paddelschlägen, Schwimmzügen oder ganz entspannt an Deck: Im Herzogtum Lauenburg fließen Natur, Kultur, Geschichte und Sommerfeeling buchstäblich ineinander. Gerade erst im Herzogtum Lauenburg angekommen, zieht es uns ans, ins und aufs Wasser. An den über 40 Seen warten etliche Badestellen auf unseren Fußsprung ins Sommerglück. Im Schaalsee, dem mit 72 Metern tiefsten See Norddeutschlands, ziehen wir ein paar erfrischende Bahnen. Als Wassersportfans kommen wir voll auf unsere Kosten. Segeln auf dem Ratzeburger See oder mit einem Motorboot entlang der Elbe? Wir behalten alle Optionen im Kopf und entscheiden uns für eine gemächliche Tour im Tretboot auf der Möllner Seenkette. Und wenn uns nicht alles täuscht, winkt uns gerade Till Eulenspiegel vom Ufer aus zu.
Kanuwandern durch die Epochen
Die Trave schafft mit ihren konstanten Wasserständen und wohlmeinenden Strömungsverhältnissen Idealbedingungen fürs Kanuwandern. Unsere Wahl fällt auf die Tour einmal um die Lübecker Altstadtinsel herum. Die Salzspeicher, das Holstentor und andere Zeitzeugen aus der Blütezeit der Hanse vom Wasser aus zu sehen, bringt uns der Geschichte Lübecks auf magische Weise näher. Im Museumshafen kommen wir den historischen Schiffen zum Greifen nah. Für die Weiterfahrt stärken wir uns bei einem Zwischenstopp mit einem knackigen Fischbrötchen.
Kulturgenuss mit salziger Note
Unseren Armen gönnen wir am nächsten Tag eine Pause und satteln um auf den Drahtesel. Entlang des Elbe-Lübeck-Kanals, der sich wie ein Scheitel durch die schön frisierte Landschaft zieht, verläuft der Radfernweg Alte Salzstraße. Wälder und Dörfer der Stecknitzregion fliegen in Zeitlupe an uns vorbei. Im Mittelalter haben hier die Stecknitzfahrer ihre „Salzprähme getreidelt“. Was sich dahinter verbirgt, erkunden wir bei einem Päuschen in Berkenthin. In tausend ehrenamtlichen Stunden haben hier beheimatete Handwerkerinnen und Handwerker ein Plattbodenschiff rekonstruiert, das die für diese Region einst so typische Arbeit veranschaulicht.
Nach dieser Portion Historie steht uns der Sinn nach einem kulturellen Leckerbissen zum Dessert. Und davon gibt es reichlich! Denn zum jährlichen KulturSommer am Kanal verzaubert das Herzogtum Lauenburg seine Einwohner und Gäste mit fast einhundert Events aus Musik, Theater und Kunst.

Europas blaue Ader
„Fast einhundert“ würde auch zur Vielfalt der Wandermöglichkeiten, die das Herzogtum bietet, gut passen. Für welche Strecke man sich auch entscheidet, man wird so oder so zu dem Schluss kommen, die Schokoladenseite der Region erwischt zu haben. So auch wir: Rund um Lauenburg führt uns unsere heutige Tour per pedes. Der Rundwanderweg nimmt in der Lauenburger Altstadt ihren Anfang, führt entlang der Treidelpfade früherer Schiffszieher, bis wir das Naturschutzgebiet Hohes Elbufer erreichen. Die Elbe, dieser mächtige europäische Strom, liegt uns ganz zahm zu Füßen, trägt wendige Segler, aber auch schwerfällige dicke Pötte auf seinem Rücken und passt auf, dass wir uns nicht in seinen dicht bewaldeten Flanken verlaufen. Unser Fußmarsch mündet im Elbschifffahrtsmuseum am Ausgangspunkt Lauenburg. Die interaktive Ausstellung Mensch-Modell-Maschine nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch tausend Jahre Schiffbau und -fahrt, vom Eisschollensurfen bis zum Blick in die Schatzkammer der Schiffsantriebe. Nur wenige Meter vom Ausgang entfernt liegt das größte Exponat des Museums: der 250 Meter lange Raddampfer „Kaiser Wilhelm“. Seine ehrenamtliche Crew bietet von April bis September regelmäßig Ausflugsfahrten an.
Sommernachtstraum
… so könnte man den krönenden Abschluss unserer Reise durchs Herzogtum Lauenburg betiteln. Wir stechen mit dem Fahrgastschiff „Lüneburger Heide“ in See – übrigens das erste Schiff Schleswig-Holsteins, das nach den Barrierefrei-Kriterien „Reisen für Alle“ zertifiziert ist. Unser Mini-Kreuzer „Lüneburger Heide“ verfügt also über Rampen, Räumlichkeiten auf einer Ebene und breite Durchgänge, die auch mit Rollstuhl passierbar sind. Heute genießen wir die Region, die uns so ans Herz gewachsen und vertraut geworden ist, ein letztes Mal aus der Wasserperspektive – und das wie so oft in tierisch guter Begleitung: Es ist der Eisvogel, der die 70 km/h-Marke knackt und tief ins Wasser eintaucht, um sich einen kleinen Fisch fürs Abendbrot zu schnappen. Die Sonne steht schon tief, als wir uns aus seinem Habitat zurückziehen. Die Wasseroberfläche liegt ruhig und dunkel, als wir im Hafen einlaufen und um ein weiteres Erlebnis reicher sind.
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Von Tina Ott
Dem Geburtsort im Ausweis zufolge mag sie zwar eine Karlsruher Suppennudel sein. Aber Tina ist seit Jahrzehnten mit Leib, Seele und Vokabular eingenordet: zu Hause in Kiel, glücklich bei Meerblick und gleichermaßen vernarrt in die norddeutsche Landschaft wie in den trockenen Humor der Menschen, die zwischen den Meeren leben und lachen.