Mit dem Herz auf dem Weg: Pilgern in Schleswig-Holstein

Der Jakobsweg beginnt immer vor der eigenen Haustür, heißt es. Mit der Entscheidung, den Weg zum Ziel zu machen, beginnt schon die Reise zu sich selbst. Ein Pilgerurlaub bietet die Möglichkeit, sich als Teil einer Wander- und Pilgergemeinschaft wahrzunehmen und dabei die Natur intensiv zu erleben, auch in Schleswig-Holstein.

Detailaufnahme von einem Wanderschuh und einem Trekkingstock
© www.ostsee-schleswig-holstein.de / Oliver Franke

Und wenn das große Ziel aller Pilgernden – die berühmte Kathedrale von Santiago de Compostela in Galizien, wo die sterblichen Überreste von Apostel und Pilger-Patron Jakobus begraben sein sollen – auch über 3.000 Kilometer weit entfernt ist: Am Wegesrand ist auch auf den schleswig-holsteinischen Pilgerwegen das seit Jahrhunderten genutzte Symbol der Pilger, die Jakobsmuschel, zu finden. 

Der frühe Sommer ist für einen Pilgerurlaub in Schleswig-Holstein die ideale Jahreszeit. Im nördlichsten Bundesland sorgt er für frische, kühle Luft, für weite Horizonte und klares, türkis schimmerndes Wasser. Die Sonnenstrahlen wärmen schon und sind doch nicht so heiß, dass einem beim Wandern die Puste ausgeht. Stichwort Puste: Der Wanderrucksack sollte 10 Kilogramm Gewicht keinesfalls überschreiten. Funktions- und Regenbekleidung, Trekkingstöcke, Schlafsack, Sonnenschutz und eine Trinkflasche gehören jedoch zur Grundausstattung. 

Via Jutlandica

Der Jütländische Pilgerweg beginnt, wie der Name schon vermuten lässt, in Krusau an der deutsch-dänischen Grenze und führt auf einer Westroute Richtung Süden bis zur Elbe nach Glückstadt und auf einer Ostroute Richtung Lübeck. Erstes Etappenziel dieses Weges ist Schleswig, wo sich die Routen teilen. Mit dem St. Petri-Dom und seinem hoch über die Stadt aufragenden Turm, dem leuchtend-beeindruckenden Schloss Gottorf, dem Hafengebiet und den historischen Siedlungsorten der Wikinger in Haithabu ist Schleswig für sich genommen schon eine Reise wert.

Die Westroute der Via Jutlandica folgt ab Schleswig zu großen Teilen dem historischen schleswig-holsteinischen Ochsenweg, der den Bauern in den vergangenen Jahrhunderten als Treibweg für ihr Vieh diente. Über Rendsburg, wo der Weg ein kleines Stück an der Eider entlangführt und den Nord-Ostsee-Kanal überquert, geht es durch das fruchtbare, grüne Binnenland nach Hohenwestedt und Hohenlockstedt. Von da führt die Route nach Itzehoe und weiter nach Glückstadt an der Elbe. 

Auf der Ostroute der Via Jutlandica pilgert man ab Schleswig über das kleine Hafenstädtchen Eckernförde zunächst in die Landeshauptstadt Kiel. Quer durch den Naturpark Holsteinische Schweiz mit seinen vielen großen und kleinen Seen und sanften Hügeln geht der Weg über Preetz, Plön und Bosau bis nach Lübeck. In der alten Hansestadt, die seit dem Mittelalter ein wichtiger Treffpunkt für Pilgernde aus ganz Nordeuropa war, treffen weitere Pilgerwege von Norden und von Osten kommend aufeinander.

Außenansicht vom Kloster Cismar
© Tourismus-Service Grömitz

Via Scandinavica 

Ganz hoch oben in Norddeutschland, am Strand von Fehmarn, beginnt die Via Scandinavica, am ehemaligen Standort einer Ende des 12. Jahrhunderts erstmals erwähnten Pilgerkapelle der Insel. Von Puttgarden führt der Pilgerweg nach Burg auf Fehmarn. Die einstige Benediktinerabtei Kloster Cismar, das neben vielen kulturellen Veranstaltungen auch Klosterführungen anbietet und über ein lauschiges Klostercafé verfügt, ist ein historisch-architektonisches Highlight an der Strecke. Von Lübeck folgt die Route der Alten Salzstraße durch das Herzogtum Lauenburg in Richtung Hamburg, über Berkenthin, Mölln und Büchen bis mitten hinein in die schöne Altstadt von Lauenburg, wo auch die Pilgerstempel ausgegeben werden.

Via Baltica 

Die Via Baltica – einer der beliebtesten Pilgerwege im Norden – nimmt auf der Insel Usedom an der deutsch-polnischen Grenze seinen Anfang und stellt so die Verbindung des deutschen Jakobswegenetzes zu den baltischen Ländern dar. In Schleswig-Holstein beginnt auch dieser Pilgerweg nahe Lübeck und führt oftmals direkt an der Trave entlang bis nach Bad Oldesloe. Dann geht es weiter über Poppenbüttel bis nach Hamburg, durch das Hafenviertel und die belebten Stadtteile St. Pauli, Altona und Övelgönne bis nach Wedel. 

Pilgern an der Westküste

In der wunderschönen Holländerstadt Friedrichstadt, die auch Klein-Amsterdam genannt wird, beginnt der rund 100 Kilometer lange Dithmarscher Jakobsweg. Auf seiner Route nach Brunsbüttel durchquert er die typischen Landschaften der Westküste: vorbei an Deichen und Marschland, fruchtbarer Geest – und über ihm immer der ganz weite Himmel. An zwölf Kirchen führt der Weg vorbei, die kleine Wallfahrtskirche „Zum heiligen Kreuz“ in Windbergen ist als Zeugin der historischen Pilgerbewegungen ein besonderer Höhepunkt an der Strecke. 

Die Halbinsel Eiderstedt ist etwa 30 Kilometer lang und rund 15 Kilometer breit. Auf dieser Fläche befinden sich 18 evangelische Kirchen sowie eine katholische Kirche. Und jede erzählt für sich genommen von den Menschen, die die Region geprägt haben, und ihrer Geschichte. Auf fünf ausgewiesenen Touren kann man von Kirche zu Kirche wandern und sich begeistern lassen.

Tipps zur Vorbereitung auf das Pilgern in Schleswig-Holstein: 

1. Das Pilgerzentrum im Norden St. Jakobi Hamburg gibt die Internetseite www.pilgern-im-norden.de heraus. Hier findet sich neben detaillierten Informationen zu den Pilgerwegen und zahlreichen Veranstaltungen auch die Möglichkeit, eine Packliste mit dem empfohlenen Gewicht für den Rucksack zu erstellen.  

2. Die deutsche Jakobsweg-Zentrale ist unter der Website www.jakobsweg.de erreichbar und bietet unter anderem hochspannende und inspirierende Reiseberichte. 

3. GPS-Daten zum Herunterladen gibt es auf der Seite www.deutsche-jakobswege.de

Von Caroline Beer

Für Caroline Beer ist Schleswig-Holstein seit über 20 Jahren Wahlheimat, Inspiration und Ruhepol zugleich. Auf ihren Touren lässt sie sich von der heimischen Flora und Fauna, von Geschichte und Geschichten begeistern und freut sich immer wieder neu  über Land und Leute.