Mit Dark Blome durchs Watt von Amrum nach Föhr

Dark Blome führt die Wandergruppen von Amrum nach Föhr. Die Wanderung durch das UNESCO-Weltnaturerbe beginnt vor Sonnenaufgang. Aber wer sich so früh auf den Weg macht, wird mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang belohnt – und taucht ein in die Wunderwelt dieser ganz besonderen Landschaft.

Eine Frau steht mit einer großen Muschel in der Hand im Watt. Im Hintergrund stehen vier Personen im Watt, die sie angucken.
© Tamina Florenttine Zuch / Raufeld Medien

Es ist noch dunkel, als sich die 30 Wanderer über einen schmalen Sandweg in Richtung Wattenmeer aufmachen. Die Salzwiese rechts liegt noch im Verborgenen. Kein Licht. Nur der Leuchtturm blinkt gelegentlich auf. Es ist erst halb vier, doch der erste Bewohner der Insel ist schon wach. Ein Austernfischer macht sich mit seinen schrillen Rufen bemerkbar. „Man hört ihn hier Tag und Nacht“, sagt Dark Blome. Der Nationalpark-Wattführer wird die Gruppe von Amrum nach Föhr bringen – acht Kilometer durch den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Bevor die Teilnehmer den glitschigen Schlamm zwischen ihren Zehen spüren, gibt es eine kleine Geografiestunde. „Von Norddorf laufen wir jetzt rüber nach Dunsum auf Föhr. Auf direktem Weg geht es nicht. 1962 ist hier unser Deich gebrochen“, sagt der Wattführer. Nach dem Ende des Amrumer Deichs haben die Föhrer ihren wiederum verstärkt. Dafür musste der Sand aus dem Wattenmeer herhalten. Die Folge: ein tiefer Priel vor Föhr, der jegliches Durchkommen zu Fuß verhindert. „Der Blick ist auch viel schöner, wenn wir einen Schlenker gehen“, verspricht der 57-Jährige.
 

Wattführer Dark Blome steht im Watt.
© Tamina Florenttine Zuch / Raufeld Medien

Vorsicht vor der Felsenauster!

Der eben noch pechschwarze Himmel hat ein tiefes Blau angenommen. Begleitet vom Schmatzen der Füße geht es in Richtung des ersten Priels. Im Winter reicht das Wasser schon mal bis zum Bauchnabel. Heute steht es nicht so hoch. Trotzdem ziehen die meisten ihre Hosen aus und waten durch den Priel. Doch Vorsicht: „Hier haben wir den schönsten Fußkiller, den das Watt zu bieten hat: die pazifische Felsenauster“, sagt der Inselläufer und hält einen unförmigen Klumpen in die Luft. Gleich mehrere Austern kleben aneinander – typisch für diese Delikatesse, die besonders gerne auf Sylt serviert wird. Man sollte jedoch wissen, wohin man tritt: Selbst Gummistiefel schneiden sie problemlos durch.
 

Faszinierende Lebewesen in der unendlichen Schlammwüste

Dark Blome ist bislang der einzige Wattführer in Schleswig-Holstein, der bei Nacht losläuft. Warum er das macht, ist jedem klar, als sich die Sonne zum ersten Mal über dem weiten Horizont des Wattenmeers blicken lässt und sich das orangefarbene Licht der ersten Sonnenstrahlen im Wasser spiegelt. Ganz klein fühlt man sich an diesem Ort, der weder Land noch Meer ist. Während Amrum weit hinter den Wanderern liegt, taucht vor ihnen auch schon Sylt auf. Doch zu Fuß lässt sich die beliebteste Insel der Deutschen nicht erreichen. Das Hörnumbecken – einer der größten Priele im Watt – macht es unmöglich. In der Hochsaison führt Dark Blome täglich durch diese sonderbare Welt, die zwei Mal am Tag ab- und wieder auftaucht.
 

Im Watt gibt die Natur den Takt vor

„Manchmal kann ich bis auf die Minute genau sagen, wann das Meer kommt. Plötzlich stehst du knietief im Wasser.“ Je nach Tidezeiten läuft er von Amrum nach Föhr oder andersherum. Neben den unglaublichen Kräften, die im Watt herrschen, sind es die Lebewesen, die ihn so faszinieren. Auf den ersten Blick wirken die Weiten des Watts vielleicht etwas karg – eine unendliche Schlammwüste. Doch Watt ist Leben. Herzmuschel, Bäumchenröhrenwurm und Co. zeigen, dass wir es mit einem einzigartigen Lebensraum zu tun haben. Allgemeiner Liebling ist der Wattwurm. Kurz vor Föhr gräbt Dark Blome ein besonders dickes Exemplar aus. „Der macht den ganzen Tag nichts anderes, als den Sand aufzufressen und wieder auszuscheiden. Dabei muss er ständig aufpassen, dass ihn kein Vogel erwischt.“ Sollte doch mal eine Möwe zuschnappen, ist das für den Wurm kein Problem: „Die beißen immer nur ein Stück von hinten ab. Der Wurm hat nicht zwei, sondern 90 Pobacken.“ Nach drei Stunden landet die Gruppe unversehrt auf Föhr. Zurück nach Amrum geht es mit der Fähre. Denn dort, wo eben noch der Sonnenaufgang bestaunt wurde, ist schon jetzt kein sicheres Durchkommen mehr.