Mehr als Krabben und Krokusse: Ein Stadtspaziergang durch Husum

Für die meisten Menschen ist Husum für zwei Dinge bekannt: den malerischen Hafen mit seinen Krabbenkuttern und das Krokusblütenfest, zu dem jedes Frühjahr tausende von Menschen in die Stadt pilgern. Dabei ist Husum auch außerhalb der Blütezeit und der Hochsaison definitiv eine Reise wert. Denn die Stadt an der Westküste bietet abwechslungsreiche Kunst und Kultur sowie individuelle inhabergeführte Läden, die zu einem ausgiebigen Einkaufsbummel einladen. Genau diese Vielfalt der Stadt ist der Grund dafür, dass selbst ein grauer Tag plötzlich ganz schön bunt wirkt.

Das Schloss in Husum vor blauem Himmel und bei Sonnenschein.
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Museum im Schloss vor Husum

Wir starten unseren Spaziergang an einem echten Wahrzeichen der Stadt – dem Schloss vor Husum. In dem weitläufigen Park um das historische Gebäude tummeln sich während der Krokusblüte zahlreiche Gäste. Jeder versucht, das perfekte Foto zu machen. Doch noch ist es zu früh für die lilafarbene Pracht – und wir haben die Wege fast für uns alleine. Endlich bekommen wir ein Bild von dem imposanten Backsteingebäude mit dem markanten Turm, ohne dass einem jemand vor die Linse läuft. Zum ersten Mal belassen wir es heute nicht dabei, das Schloss nur von außen abzulichten. Wir wollen endlich auch mal ins Innere. Denn in dem zwischen 1577 bis 1582 von Herzog Adolf von Schleswig-Holstein erbauten Gebäude befindet sich ein Museum. Wir wandeln auf den Spuren der einstigen Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Hause Schleswig-Holstein-Gottorf, blicken in die Wohn- und Schlafräume und entdecken eindrucksvolle Gemälde. Besonders angetan haben es uns die prunkvoll verzierten Kamine. In einigen von ihnen könnte man sogar bequem stehen. Im Dachgeschoss wiederum wird es moderner. Zeitgenössische Kunst aus ganz Schleswig-Holstein präsentiert sich zwischen rustikalen Holzbalken. Die Sonderausstellung wechselt bis zur vier Mal im Jahr.

Ehrenamtlich geführtes Poppenspäler Museum

Wieder am Einlass angekommen fällt ein weiterer Raum neben dem Infotresen ins Auge. Das Schloss beherbergt ein Puppentheater-Museum. Da werfen wir natürlich noch mal einen Blick hinein und entdecken neben dem Verkehrskasper auch ungewöhnliche Modelle aus Asien und dem Orient. Die Stiftung Nordfriesland und die Kreismusikschule sind ebenfalls in dem Schloss untergebracht. Außerdem ist es längst zu einem wichtigen kulturellen Veranstaltungsort Husums geworden, in dem regelmäßige Lesungen, Konzerte oder auch Theateraufführungen stattfinden.  

Eine kleine Einkaufsgasse in der Innenstadt von Husum
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Bummel durch die Gassen Husums

Nach dem Ausflug in die Geschichte Husums geht es zurück in die Gegenwart. Wir schlendern vom Schloss aus entlang niedlicher Gassen in Richtung Hafen und entdecken auf dem Weg durch die Fußgängerzone Untere Neustadt wirklich außergewöhnliche Läden. Um ehrlich zu sein, hatte ich klassische Nordsee-Souvenirs mit Buddelschiffen und Möwentassen in den Geschäften erwartet. Doch in Husum hat sich einiges getan. Kreativköpfe sorgen mit individuellen Ladenkonzepten dafür, dass der Einkaufsbummel zu einem inspirierenden Einkaufserlebnis wird.

Als erstes schneien wir bei „Bonnie und Susi“ rein – ein Concept-Store, mit dem sich die Inhaber Rieke und Marten erst vor kurzem einen Traum erfüllt haben. Der gelernte Erzieher verkauft seine eigenen norddeutschen Töpfer-Kreationen nicht nur im Laden, sondern fertigt sie hier auch. So können ihm die Kundinnen und Kunden auch mal live über die Schulter schauen und erleben, wie ein neuer Teller mit der Aufschrift „Ebbe, Flut, alles“ entsteht. Neben handgefertigten Töpferwaren gibt es bei „Bonnie und Susi“ ausgewählte Produkte von kleinen Labels. „Wir wollten einen Ort schaffen, an dem unsere Kundinnen und Kunden sich wohl fühlen und die Möglichkeit haben, bewusst zu konsumieren“, erklärt die gebürtige Husumerin, die es nach vielen Jahren in Hamburg zurück in ihre Heimat gezogen hat. Erst im Juni 2022 haben die beiden die Türen in der Neustadt eröffnet – und bieten ihren Gästen neben allerlei schönen Dingen auch Kaffeespezialitäten an.

Nur ein paar Häuser weiter entdecken wir schon das nächste Geschäft mit der Aufschrift „Alter August“ und fragen uns sofort, was sich hinter dem Namen wohl verbirgt. „So hieß der Großvater von unserer Chefin“, erklärt uns die freundliche Verkäuferin, die uns direkt einen besonderen Likör zum Probieren reicht. In den Regalen reihen sich ausgesuchte Delikatessen, Accessoires und Interieur aneinander. Man hat sofort das Gefühl: Hier finde ich für jeden ein ganz besonderes Geschenk.

Eine Torte mit Himbeeren wird angeschnitten
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Französisches Flair in Nordfriesland

Nach all den Eindrücken haben wir uns eine Verschnaufpause verdient und kehren ins Künstlercafé Husum ein. Nicht wenige Vorbeigehende bleiben am Fenster mit den Auslagen stehen, zücken ihre Kamera und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es bleibt bei uns heute aber nicht nur beim Gucken.

Beim Blick in die Speisekarte wird schnell klar, dass die Torten hier mit Kunst gemeint sind. Wie wäre es mit einem Stück Karotten-Physalis-Torte, Avocado-Pistazien-Tarte mit Granatapfel oder Bretonischem-Blaubeer-Käsekuchen? Wir entscheiden uns heute für die süße Spinat-Tarte und ein Stück Sizilianische-Käse-Mohn-Torte – einfach wow! Martin Bühler und seine Frau Katharina Jaglewicz-Bühler haben hier wirklich einen außergewöhnlichen Ort geschaffen. Die Bilder an den Wänden lassen einen von der Provence träumen, Hortensienkränze erinnern an die Normandie und die Orangerie bringt ein Stückchen Südfrankreich an die nordfriesische Nordseeküste.

Bevor es gestärkt weiter an den Hafen geht, wagen wir noch einen kleinen Abstecher in die Herzog-Adolf-Straße. Denn hier hat sich die freiberufliche Grafikerin Rabea Kasprzak-Schadwill zwischen einem Bastelladen und der Glückswerkstatt ihre kleine Kreativ-Oase geschaffen. Bei „LoveStyleLiving“ gibt es nach ihren Worten „Dinge, die keiner braucht, aber jeder haben will“. Ein knallbuntes Potpourri aus pastellfarbenen Wackelkatzen, frechen Spielen, leuchtenden Mützen, Glitzer-Taschen, handgemachten Seifen und ausgefallener Kleidung für Individualisten. Im Laden befindet sich auch ein kleines Café. Im Sommer können die Brownies, Brote und Salate dann im Hinterhof verputzt werden. „Hier passiert ganz viel in Husum. Die Stadt ist so wild und bunt – man muss nur wissen wo“, so die Ladenbesitzerin.

Das Nationalpark-Haus Husum
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Von Rabeas Laden geht es weiter zu unserer letzten Station – dem Husumer Hafen. Dort befindet sich auch das Nationalparkhaus Husum – bei schlechtem Wetter eine tolle Idee, um die Natur im Trockenen zu erleben. Denn die Ausstellung zeigt spannende Einblicke in den Lebensraum Wattenmeer, lässt die Besucherinnen und Besucher in die Unterwasserwelt abtauchen und nimmt sich auch die Zukunft dieses so schützenswerten Nationalparks vor. Von hier aus ist es nur einen Katzensprung bis zur kleinen Fußgängerbrücke übers Wasser. Unbedingt überqueren – denn einmal auf der anderen Hafenseite angekommen, eröffnet sich ein besonderer Perspektivwechsel und ein wunderschöner Blick auf die bunten Häuser und Schiffe des Husumer Hafens. Hier lassen wir den Tag noch ein wenig ausklingen.

Das ist schon wirklich etwas Einmaliges. Ebbe und Flut inmitten der Stadt bestaunen – das geht eben nur hier in Husum.

Jana Walther - Portraitfoto

Von Jana Walther

Jana ist als gebürtiges Nordlicht bei Wind und Wetter in Schleswig-Holstein unterwegs – immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Orten und spannenden Geschichten. Wenn sie mal nicht bei einem Cappuccino mit Meerblick in ihrer Heimat Kiel in die Tasten haut, findet man sie abseits des Trubels auf unbekannten Pfaden in den Naturschutzgebieten des Landes.