Kino im Norden – Filmland Schleswig-Holstein

Mal mystisch und düster an der stürmischen Nordseeküste, mal verträumt und romantisch in der Idylle des Kappelner Hafens, mal voller Spannung und Action auf den Inseln und in den Städten: So vielfältig wie die Landschaft zwischen Nord- und Ostsee ist Schleswig-Holstein auch als Filmkulisse. Das Spektrum reicht vom TV-Klassiker „Der Landarzt“ über die Literaturverfilmung der „Buddenbrooks“ bis zu bekannten Hollywood-Streifen – das Land ist absolut filmreif. Das Beste ist, dass Gäste an originalen Drehorten auf Spurensuche gehen können, um in den Glanz der Filmgeschichte einzutauchen.

Ein Mann sitzt in einem Büro, trinkt Kaffee und liest Zeitung. Im Hintergrund befinden sich Dünen.
© PictureLux / The Hollywood Archive / Alamy Stock Photo

Als Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett 2010 für Dreharbeiten nach Ostholstein kommt, sorgt ihr Besuch landesweit für Schlagzeilen. Der Yachthafen von Fehmarnsund, der Küstenort Heiligenhafen und Manhagen in Ostholstein dienen als Kulisse für den Actionthriller „Wer ist Hanna?“. Mit seiner rauen Küste, den verträumten Fischerorten und der endlosen Weite ist der Norden in Hollywood längst kein Geheimtipp mehr. Schon Roman Polanski und Benedek Fliegauf haben die Region für ihre Filme entdeckt. So untermalen die Pfahlbauten am Strand von St. Peter-Ording die düstere Stimmung im Science-Fiction-Drama „Womb“ mit Bond­Girl Eva Green.

Sylt wird zur Kulisse für den Polit-Thriller „Ghostwriter“ mit Ewan Mc­Gregor und Pierce Brosnan. Die Nordseeinsel musste als Ersatz für das amerikanische Martha’s Vineyard herhalten, da Polanski nicht in die USA einreisen konnte, weil ihm dort eine Haftstrafe drohte. So wurde aus dem Sylt-Express die „Bay Line Ferry“ und typisch amerikanische Strandhütten sorgten am Lister Ellenbogen für US-Ostküstenflair.
 

Ein Mann mit einer Sonnenbrille hält eine Pistole in der Hand. Ein anderer Mann hält den Arm des bewaffneten Mannes fest. Sein Gesicht ist vor Anstrengung verzerrt.
Szene aus dem Edgar-Wallace Film „Die toten Augen von London“, BRD 1960, Regie: Alfred Vohrer. Foto: © picture alliance

Schaurig schöne Drehorte im Norden

Bereits zu den Anfängen der Kinogeschichte bringt der Filmemacher Friedrich Wilhelm Murnau Schleswig-Holstein auf die große Leinwand – genauer die Hansestadt Lübeck. „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ von 1922 gilt als einer der ersten Horrorfilme der Kinogeschichte. Die Filmproduktion liegt zwar schon hundert Jahre zurück, doch noch heute können Besucher viele Kulissen des Kinoklassikers nahezu unverändert besichtigen. Wer entlang der Obertrave direkt neben dem Holstentor spaziert, kommt nicht umhin, die roten Backsteingebäude zu bestaunen. Die ehemaligen Salzspeicher sollten das Zuhause eines der kultigsten Monster der Filmgeschichte werden. Die markanten Renaissance-Traufenhäuser des Aegidienkirchhofs dienten ebenfalls als Filmkulissen. Eigentlich wäre auch die Lübecker St. Aegidien Kirche in der Eröffnungsszene zu bewundern gewesen. Wenn da nicht der Kirchenvorstand gewesen wäre, der für die Dreharbeiten kein Verständnis hatte. So musste Regisseur Murnau auf die Wismarer Marienkirche ausweichen.

Im Kino mehrfach zu bestaunen war außerdem das Schloss Ahrensburg im Kreis Stormarn. Hier wurden gleich drei Edgar-Wallace-Verfilmungen gedreht. Die Schlosssäle verwandelten sich in die düsteren Räume des
britischen „Garre Castle“ in „Der grüne Bogenschütze“, und in „Die seltsame Gräfin“ bezieht Lady Moron den Renaissancebau in Ahrensburg. Bei einer Besichtigung des Schlosses werden heute bekannte Film­szenen gezeigt, die hier in den 60er-Jahren gedreht wurden. Für „Die Bande des Schreckens“ musste wiederum Schloss Glücksburg an der Flensburger Förde herhalten.
 

Schleswig-Holstein als pures Landidyll

Schleswig-Holstein hat als Filmkulisse mehr zu bieten als nur seine schaurige Seite. TV-Klassiker wie „Immenhof“ oder „Der Landarzt“ zeigen den Norden als Fernseh-Idylle. Viele der Drehorte können „Landarzt“-Fans beim Spaziergang durch Kappeln wiederentdecken – zum Beispiel das Polizeirevier, den Marktplatz, das Gymnasium und natürlich den Kappelner Hafen mit seiner markanten Klappbrücke. Während der traditionellen „Heringstage“ im Mai stößt man in der ganzen Stadt auf Schilder mit der Aufschrift „Deekelsen“ – der fiktive Ort, in dem der Landarzt arbeitet. Um zu sehen, wo Patienten 26 Jahre lang auf ihren Termin warteten, um von Dr. Matthiesen, Dr. Teschner oder Dr. Bergmann ins Behandlungszimmer gerufen zu werden, geht es knapp 15 Kilometer raus aus Kappeln zum Herrenhaus Lindauhof. Das Fachwerkhaus in der Gemeinde Boren ist als Drehort und für seine hausgemachten Kuchen bekannt. Sonja Karberg, die auf dem Hof aufgewachsen ist, hat die „Landarzt“-Praxis zum Café umgebaut. „Die Gewitter-Torte ist bei uns der Renner. Sie besteht aus Baiser mit Sahne und je nach Saison kommen Rhabarber oder Stachelbeere hinzu.“ Im Rittersaal des Cafés erinnern Bilder der Darsteller an die Drehzeit von 1987 bis 2012.

Genauso kinderfreundlich wie im weitläufigen Garten des Lindauhofs geht es auch auf der Seehundstation in Friedrichskoog zu. Bei der Fütterung zuschauen oder die interaktive Ausstellung erleben: Für Familien gibt es ein breites Angebot. In der Aufnahmestelle für verlassene oder kranke Seehunde und Robben wurde auch die ZDF-Serie „Hallo Robbie“ Anfang der 2000er gedreht.
 

Literarische Verfilmungen und Krimi-Highlights

Es gibt kaum ein Kind in Schleswig-Holstein, das noch nie von den Buddenbrooks gehört hat. Die Kaufmannsgeschichte gehört zum Pflichtprogramm im Deutschunterricht. Für seine Rolle als Konsul Jean Buddenbrook in der Verfilmung von Thomas Manns nobelpreisgekröntem Roman schlug Armin Mueller-Stahl sogar eine Rolle an der Seite von Tom Cruise in „Operation Walküre“ aus. Viele der Originalschauplätze kommen auch im Film vor: die Lübecker Altstadtinsel, der Malerwinkel, das Holstentor und natürlich das Buddenbrookhaus, das von 1841 bis 1891 im Besitz der Familie Mann war.

Ein Mann und eine Frau stehen auf einem Hausdach. Im Hintergrund ist die Stadt Kiel mit Fernsehturm abgebildet.
© Christine Schroeder / NDR

Für seinen Bestseller „Der Schwarm“ recherchierte Star-Autor Frank Schätzing intensiv am Forschungszentrum Geomar in Kiel. Als Dank tauchen einige Wissenschaftler und das Institut in der Handlung auf. Ob die Landeshauptstadt auch als Kulisse für die geplante Verfilmung des Öko-Thrillers dienen wird, ist unklar. Wegen der Pandemie wurden die Dreharbeiten auf 2021 verschoben. Immerhin: Schätzing hatte schon mal einen Gastauftritt im Kieler „Tatort“.

Während Kommissar Borowski, gespielt vom gebürtigen Kieler Axel Milberg, meist in der Landeshauptstadt und Umgebung ermittelt, ist der ehemalige Hamburger Polizist Hauke Jacobs bei „Nord bei Nordwest“ auf Fehmarn alias „Schwanitz“ im Einsatz. Sein Kutter liegt im Hafen von Orth an der Südwestseite Fehmarns. Der ehemalige Fischerei- und Handelshafen ist ein idealer Ausgangspunkt für Törns auf der Ostsee, die Badebucht nebenan ist bei Familien mit Kindern sehr beliebt.