Die gute Milch – Muttergebundene Kälberaufzucht in Schleswig-Holstein

Hans Möller ist einer von fünf "Ökomelkburen", die "muttergebundene Kälberaufzucht" betreiben. Er führt seinen Hof in vierter Generation.

Ein Mann hockt neben einer liegenden Kuh. Er streichelt den Kopf der Kuh.
© Sven Wied / Raufeld Medien

Herr Möller, reden wir über Ihre Kühe! Was sind das für Kühe?

Wir haben „Schwarzbunte Niederungsrinder DN“. Das „DN“ steht übrigens für Doppelnutzung, sie liefern Milch und Fleisch. Diese Kühe sind typisch für unseren norddeutschen Raum, robust und langlebig. Sie geben zwar weniger Milch, aber sie ernähren sich ausschließlich von Gras. Unsere Tiere werden das ganze Jahr über auf der Weide gehalten und bekommen nur Gras und Heu. 

Sie lieben Ihre Kühe. Geben Sie ihnen auch Namen?

Ja, ich kenne selbstverständlich alle meine Kühe mit Namen. Jedes Tier hat seine Eigenheiten – nicht nur optisch, sondern auch vom Charakter her. Meine Lieblingskuh heißt Mausi; sie erkennt mich, wenn ich komme und freut sich. Besonders, wenn ich ihr einen Apfel oder eine Möhre gebe. Wir haben 30 Kühe auf der Wiese, jede Kuh bekommt einmal im Jahr ein Kalb. Insgesamt leben derzeit 120 Rinder auf dem Hof.

Unser Thema heißt „Nachhaltig aus Tradition“. Sie betreiben Ihren Hof in vierter Generation. Wie sind Sie zum Biobauern geworden?

Meine Urgroßeltern und die Großeltern haben auch ökologisch gewirtschaftet, das war damals so. Als meine Eltern Ende der 60er-Jahre den Hof übernommen haben, wurde das anders. Synthetische Düngemittel wurden eingesetzt, auch Pflanzenschutzmittel. Milchwirtschaft wurde subventioniert. Als ich noch ein kleiner Junge war, habe ich erlebt, wie immer mehr Meiereien fusionierten. Kleine Betriebe, wie die Meierei in unserem Dorf, mussten schließen. „Ihr müsst auch größer werden“ sagte man damals zu den Bauern, aber das war Irrsinn! Dann kommen die Kühe nicht mehr auf die Weide, Arbeitsplätze werden vernichtet und die Produktvielfalt verschwindet. Ich habe meine Ausbildung in einem konventionellen Betrieb gemacht und zum ersten mal Legebatterien für Hühner gesehen, da wusste ich: Das will ich nicht! So kam ich zur ökologischen Landwirtschaft.

Drei Männer in Arbeitskleidung sind umgeben von Kühen.
© Sven Wied / Raufeld Medien

Sie sind Teil der Bauerngemeinschaft Öko Melkburen. Was verbirgt sich dahinter?

Wir sind inzwischen fünf Betriebe und arbeiten nach strengen Bio-Richtlinien. Alle gönnen ihren Kühen die muttergebundene Kälberaufzucht. Außerdem haben wir eine kleine Meierei vor der Schließung gerettet. Die Meierei Horst ist eine kleine Erzeuger- und Konsumgenossenschaft, die zwölf Landwirten und rund 300 Verbrauchern gehört.

Ihre Kälber bleiben nach der Geburt 100 Tage bei der Mutterkuh im Herdenverbund.

Ja, das ist ungewöhnlich. Natürlich bleibt für uns Bauern dann weniger Milch übrig, aber das Kalb bekommt alles, was es braucht. Das ist uns wichtig. Und die Tiere haben ein gutes Leben. Wir machen das seit fünf Jahren so, es hat sich bewährt. Angestoßen haben das unsere Verbraucher. Viele haben uns gefragt: Was geschieht eigentlich mit den männlichen Kälbern? Für die Milchwirtschaft sind sie nutzlos. Wir ziehen die männlichen Kälber zwei bis zweieinhalb Jahre auf, dann werden sie geschlachtet. Jeden Liter Milch sind ca. 40 bis 50 Gramm Rindfleisch zuzurechnen. Dann ist das Verhältnis im Gleichgewicht.

Was läuft schief in der traditionellen Milchwirtschaft?

Es gibt zu viel Milch und Fleisch auf dem Markt. Wir müssen nicht so viel produzieren. Milch müsste wieder als Lebensmittel deklariert werden. Heute gilt sie als Rohstoff. Milchpulver wird nach Afrika geschickt. Es wird industriell verarbeitet und in der Pharmaindustrie genutzt, in der Kosmetik- und in der Autoindustrie. Würde die Milch wieder als Lebensmittel produziert, dann bräuchte man nur die Hälfte der Milch und es gäbe keinen Fleischüberschuss mehr. Der Preis würde sich so einpendeln, dass er angemessen wäre. Gute Milch ist teuer. Unsere kostet zwischen 1,80 und 2,00 Euro pro Liter. Dann können alle daran verdienen.