Nachhaltiges Dreamteam: Ilona Jarabek und die MUK Lübeck

Eigentlich sollte Ilona Jarabek, Chefin der Musik- und Kongresshalle Lübeck (MUK), das Haus nur für private Investoren aufhübschen, als sie das Ruder vor zwölf Jahren übernahm. Stattdessen hat sie aus der MUK eine Veranstaltungsstätte mit Vorbild-Charakter gemacht und Schleswig-
Holstein als Tagungsort auf die Landkarte gesetzt. Ein Gespräch über Verantwortung, nordischen Pioniergeist und „Bratkaffee“.

Illona Jarabek sitzt an einem Klavierflügel.
© Nils Bröer / Raufeld Medien

Ilona Jarabek im Interview

Schon beim Eröffnungskonzert der Musik- und Kongresshalle Lübeck (MUK) war Ilona Jarabek dabei, als Gast. Seit 2009 ist sie Geschäftsführerin. Im Bewerbungsgespräch versprach sie, den Tourismus nachhaltig aufzustellen. Da sei „ein Raunen durch den Raum gegangen“. Heute ist die MUK mit dem internationalen Green Globe Siegel für nachhaltige Tourismusunternehmen zertifiziert und setzt zu 100 Prozent auf Ökostrom. Auf dem Dach lassen sich 160 000 Bienen den Nordwind um die Fühler wehen und produzieren 140 Kilo Honig pro Jahr. Gute Voraussetzungen also für klimaneutrales Tagen, sogenannte Green Meetings, in der UNESCO-Weltkulturerbestadt Lübeck.
 

Frau Jarabek, wie war Ihr letztes Green Meeting?

Mir ist der Deutsche Autismus Kongress im März 2020 in besonderer Erinnerung geblieben, unsere letzte Veranstaltung vor dem Lockdown. Weil die Tagung bei uns im Haus stattgefunden hat, waren viele „grüne Kriterien“ ohnehin erfüllt. Aber ich bin da sehr streng: Es ist natürlich viel getan, wenn man ein nachhaltiges Haus ist, aber ein nachhaltiges Haus macht nicht jede Veranstaltung zu einer nachhaltigen Veranstaltung.
 

Sind Green Meetings besser als konventionelle Tagungen?

Ich finde, heute ist jeder aufgerufen, seinen Beitrag zu leisten und Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, und zwar unabhängig von der Branche, in der er arbeitet. Das gilt auch für den Tagungsbereich. Das sage ich ganz bewusst als Vertreterin eines öffentlichen Hauses. Das ist der Auftrag, wie ich ihn empfinde, und wir übernehmen diese Verantwortung sehr gerne.

Das gilt auch für mein Team, wir schauen zu Hause alle sehr genau, ob wir das Licht auch wirklich ausgeschaltet haben. Man muss die gesamte Planung betrachten. Das fängt schon mit Anreise und Programm­erstellung an. Früher gab es gedruckte Programme, heute haben wir Websites und PDF-Dokumente. Aber: Der Verzicht auf Papier ist nur oberflächlich betrachtet nachhaltiger. Man muss sich auch Gedanken darüber machen, wie nachhaltig die Geräte sind, auf denen wir die Informationen abrufen.

Ein zentraler Punkt ist außerdem die Destination. Es geht bei uns nicht nur um das Haus, sondern natürlich auch um Lübeck, um die Infrastruktur und um starke Netzwerke. Die Ausschreibung für die Ausrichtung des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt haben wir gemeinsam mit der Stadt und unseren regionalen Partnern gemacht und gewonnen. Wenn man alle ins Boot holt und gewinnt, ist das ein tolles Signal.
 

Holstentor Lübeck
© sh-tourismus.de

Die MUK ist nachhaltig zertifiziert. Was haben Sie noch erreicht?

Ich fände es falsch, ein Selbstverständnis allein aus Zertifizierungen zu generieren. Mit unseren ersten Maßnahmen im energetischen Bereich haben wir enorme Einsparungen eingefahren. Mein Lieblingsbeispiel ist aber die Abschaffung des sogenannten Bratkaffees, dieses kleinen Rests, der bis nachmittags auf der Kochplatte vor sich hin köchelt. Wir haben den Kaffee in Kannen umgefüllt und mit Spannung auf unsere Stromkurve geschaut. Am Ende ist es die Summe vieler lächerlich kleiner Einzelaktionen, die den Unterschied machen. Mittlerweile sind wir Vorreiter und haben mit vielen Tagungen im Umweltbereich neue Ziel­gruppen erschlossen. Nachhaltigkeit ist zu unserem USP geworden.
 

Wie wird Nachhaltigkeit erlebbar?

Mir macht unser quietschgrünes Dienstfahrrad großen Spaß. Wenn ich damit unterwegs bin, werde ich immer wieder angesprochen. Bei Veranstaltungen nutzen wir Lunchbags aus Papier mit dem Claim „nachhaltig nachhaltig“. Bei Buffets bleibt immer etwas übrig, und wir geben unseren Gästen die Möglichkeit, unkompliziert etwas mitzunehmen. Das kommt super an.
 

Ist es in Schleswig-Holstein leicht, sich mit dem Thema zu beschäftigen?

Ich finde, dass gerade Schleswig-Holstein besonders prädestiniert ist, sich mit Nachhaltigkeit zu befassen. Wir haben tolle Naturräume, die Nähe zu den Meeren, man verbindet regenerative Energien mit unseren Standorten. Hier ist es immer windig, wir haben frische Luft und junge kluge Unternehmer. Studenten der Uni Lübeck haben gerade eine Marke entwickelt, die nachhaltige Laufbekleidung für Frauen herstellt, auch der Gründer kommt von hier.
 

Welche MICE-Trends sind für den echten Norden besonders wichtig? Wohin geht die Reise?

2022 werden wir eine Nachhaltigkeitsmesse zum Thema Fairtrade unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten vom 29. April bis zum 1. Mai etablieren. Die Schlüssel­idee kam übrigens von einer Frau hier aus der Region, die nachhaltigen Schmuck herstellt. Wir wollen das große kreative Potenzial von Schleswig-Holstein aufzeigen. Denn davon gibt es hier eine ganze Menge!